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The Devil Wears Prada – „Color Decay“

Bereits seit nunmehr 17 Jahren treiben The Devil Wears Prada ihr Unwesen in dem hiesigen Metalcore-Haifischbecken. Wobei die Band wohl gar nicht in eine einfache Schublade zu stecken ist. Die kunstvoll gestaltete Art und Weise, wie die Jungs um Vocalist Mike Hranica ihren Post-Hardcore mit vielen Metalcore-Alyren in viele unterschiedliche Töne einfärben, ist bemerkenswert.

Schauen wir kurz zurück so sehen wir die letzte LP die auf den Namen „The Act“ (2019) hört. Dort präsentierten sich TDWP eher von einer softeren Seite, ohne aber ihren Stil völlig über Bord zu werfen. Songs wie „Chemical“ oder auch „Numb“ wachsten bei einigen Fans nach und nach zu den Lieblingssongs der Band heran, obwohl diese anfangs eher mit einem erschütternden Auge betrachtet wurden. Danach folgte die Fortsetzung einer EP, die damals schon als die „beste und härteste EP“ in die Geschichte des Metalcore eingehen sollte: ihr denkt richtig, es geht um „ZII„. Auf dem Nachfolger von „Zombie“ zeigten sich TDWP wieder von ihrer „ganz harten Seite“ und erlebten damit einen s. g. zweiten Frühling im Metalcore-Geschäft. Nicht umsonst ging der Sechser damit zuletzt auch auf große US-Tour.

Und nun, auf ihrem achten Album, finden die Ohioaner neue Wege, sich selbst herauszufordern. Die Tracks auf „Color Decay“ liegen irgendwo zwischen „Zombie“ und der Dynamik von „Transit Blues“ aus dem Jahr 2016 und drängt das Vertraute in neue Gefilde. Doch mehr erfahrt ihr weiter unten in unserer Review.

Tracklist:

01. Exhibition
02. Salt
03. Watchtower
04. Noise
05. Broken
06. Sacrifice
07. Trapped
08. Time
09. Twenty-Five
10. Fire
11. Halucinate
12. Cancer

Das Album beginnt mit dem Track „Exhibition„, das eindeutig unter Beweis stellt, was die Band mittlerweile am besten kann: Songs schreiben, die das Publikum bewegen. Damit meinen wir nicht nur die Moshpits während einer Show. Fast eine ganze Minute des Eröffnungssongs ist dem Aufbau eines Krescendos gewidmet, der Schlagzeugbeat beschleunigt sich, Sänger Mike Hranica nimmt allmählich das Tempo auf, während er spricht, bis er in den ersten Refrain des Albums einsteigt. Am Ende des Tracks gibt es dann noch einen ersten krachenden Breakdown um die Ohren und alle Fans werden mit einem fetten Grinsen dort Platz nehmen, wo sie sich gerade befinden.

Salt“ jedoch ist ein Beispiel dafür, wie sich The Devil Wears Prada im Laufe der Zeit entwickelt haben. Sie liefern eine gefühlvollere, atmosphärischere und modernere Variante des Metalcore mit durchgehendem Clean-Gesang.

Die Band selbst fügte noch zu diesem Song hinzu:

„‚Salt‘ is a song about trying to move forward and then feeling like nothing ever changes, even when you’ve seemingly done everything right. It’s the sort of feeling that makes you question every move you’ve ever made. Initially, the lyrics were just about having trouble writing songs for our new record, but soon, we realized that this feeling of fighting only to be stagnant and held down applies to so much more in our lives. It was really a breakthrough track and allowed us to dive in even deeper into what became Color Decay.“

Auf „Watchtower“ bewiesen TDWP dann wieder ihr Gespür für härtere und rauere Töne. Gerade die Schnelligkeit des Songs sorgte bei uns für eine reine Ekstase in unseren Ohren. Im Track geht es laut Mike Hranica um eine Person die absichtlich schwierig ist, obwohl das Glück sie finden will. Er fügte noch weiter hinzu, dass der Protagonist des Lieds Angst hat, den ersten Schritt anzugehen und flüchtet sich stattdessen in die Wahrnehmung seines Lebens als eine Art passiver Überwacher. Mike erzählt, dass es ihm während seiner eigenen psychischen Probleme genau so ergangen war und er mit diesen Zeilen seine eigene Geschichte zu Grunde legte. Um so mehr ein Track, den wir sehr feiern.

Bereits auf „Watchtower“ werden rein vom Sound betrachtet auch Parallelen zu „ZII“ schnell klar. Auf dem nachfolgnden Track „Noise“ werden diese Vibes fortgesetzt. Der Song überzeugt dank seiner zweiteiligen Strophe und dem heftigen Gitarrenriff, welches wir das ein und andere Mal in unserem Ohren zu hören bekommen. Diese, eher zurückgezogene zweite Hälfte der Strophe, ermöglicht es dem Refrain, wirklich hart zuzuschlagen und ist wahrscheinlich ein persönliches Highlight vom Album. Allein der liebliche Chorgesang zum Ende hin, der uns in Sicherheit wiegt, bevor dann alle wieder mit einem niederschmetternden Breakdown zusammen gerissen wird.

Auf „Broken“ verlangsamt TDWP das Tempo, um uns mal eine kleine Pause zu gönnen. Die wir zu diesem Zeitpunkt auch wirklich nötig haben. infache Akkordfolgen und Drumbeats fließen durch den Song und erlauben es Mike und Jeremy, sich mit ihren sich duellierenden und ergänzenden Vocals ins Rampenlicht zu setzen. Die Band selbst beschrieb den Song wie folgt:

„Writing ‚Broken‘ started by drawing on a specific memory of a panic attack, but slowly evolved into something more broad. The song aims to capture that feeling of desperately not wanting to talk about your problems, but at the same time, just wanting everyone to already understand.“

Weiter geht es mit der ersten Vorab-Veröffentlichung, welche direkt nach der „ZII“ EP folgte. „Sacrifice“ ist ein hervorragendes Beispiel für die kontinuierliche klangliche Entwicklung von TDWP, die eine fast schon zurückhaltende melodische Nuance mit voller Brutalität mischt. Weil einfach, einfach, einfach ist!

Im Vergleich mit Bands wie Silverstein und I Prevail ist eine der Stärken der Band die Fähigkeit, eingängige, aussagekräftige Refrains zu kreieren, die die psychische Gesundheit thematisieren. Dies ist allgemein auf „Color Decay“ genauso präsent wie in „Trapped„. „Does it feel like a heart attack“ trällert Mike leise, bevor er mit „but I´m here with you!“ aufs Ganze geht. Einer dieser Songs, bei denen man schon beim ersten Erklingen der Strophe weiß, dass das Publikum den Song live lauthals mitschreien wird.

Es folgt mit „Time“ die vierte Single-Auskopplung von „Color Decay„. Hierbei handelt es sich um eine gemischte Angelegenheit, die zwischen super melodisch und melancholisch und chaotischer Schwere hin und her schwankt. Die Jungs fangen wieder an zu grooven und gehen in eine ziemlich tanzbare Bridge über. Und wieder ist es diese Art von Song, in dem TDWP wirklich brillieren.

Eine langsame, eindringliche Keyboard-Melodie begrüßt uns zu Beginn von „Twenty-five„. Dies ist eine emotionale Nummer, deren Text von Beziehungsabbrüchen handelt und daher sicher an einigen Herzensfäden zerren wird. Allein Mike´s langgezogenen Screams, die wir in den letzten Jahren zu lieben gelernt haben, ergänzen die Gefühlswelt, die dieser Track auslösen soll. Im Laufe des Tracks stoßen die anderen Bandmitglieder auch dazu, um die emotionale Ladung zu vervollständigen.

The Devils Wear Prada lassen es bei Song Nummer 10, „Fire„, langsam angehen. Dieser Track ist super zurückgenommen, mit Lo-Fi-Drums und allem. Hieran lässt sich schnell erkennen, dass diese Album das wohl abwechslungsreichste Werk der Band darstellt. So ehrlich und gleichzeitig nachvollziehbar haben die Jungs noch nie geklungen.

What’s real? What’s fake? Black temple, Hallucinate!“ ist die Gesangsquote, die den vorletzten Track „Halucinate“ eröffnet und im Laufe dessen noch das ein oder andere Mal wiederholt wird. Dieser Track setzt das sehr eindringliche Thema des Albums fort, mit einer super unheimlichen, langsamen Synthesizer-Melodie. Wenn man dann noch die massiven, treibenden Gitarren hinzufügt, hat der Song eine enorme Industrial-Atmosphäre. Für uns ein weiteres Highlight des Albums! Dieser Track wird live auf jeden Fall ein Publikumsmagnet werden, wenn TDWP diesen auch auf ihre Setlist packen.

Der Album-Closer „Cancer“ ist ein weiterer melancholischer Song, der mit einem der emotionalsten Texte von TDWP gespickt ist. Woran wir das erkennen? Ganz einfach: „I hope that it’s cancer, and not something else, cause I don’t need any more things I don’t wanna talk about„. Am Ende ertönen Akkustik-Gitarren, bevor auch dieses Meisterwerk sein Finale findet.

Fazit:

Was gibt es am Ende von „Color Decay“ noch zu sagen? Es ist das wohl vielfältigste und musikalisch beste Album von TDWP. Und das sagen wir, obwohl wir bereits viele richtig gute Alben der Band aus Ohio in unseren Händen halten durften. „Color Decay“ kann mal massiv heavy sein, mal super rockig (gar poppig), aber auch sehr langsam und melancholisch. Eigentlich alle Merkmale und Kunstwerke, die wir uns von den Jungs wünschen würden (wenn Jeremy und Mike auch noch als Bildhauer unterwegs wären). Durchaus ist uns bewusst, dass auch dieses Werk die Fanläger der Band spalten könnte, aber nehmt doch verdammt nochmal eure rosarote Metalcore-Brille ab und feiert den Werdegang dieser Band.

Rating:

Wie nicht anders zu erwarten dürfen wir am Ende unserer Reise mit den Jungs von The Devil Wears Prada eine satte 10 von 10 vergeben. Wir wünschen uns genau eine solche Entwicklung innerhalb einer 17 jährigen Erfolgsgeschichte – bitte weiter so!

TDWP sind:

Mike Hranica – Vocals

Jeremy DePoyster – Vocals, Gitarre

Mason Nagy – Bass

Kyle Sipress – Gitarre

Jonathan Gering – Keys, Synthesizers, Backing Vocals

Giuseppe Capolupo – Drums

Info
16. September 2022 
9:02 Uhr
Band
The Devil Wears Prada
Genre
Metalcore
Autor/en

 Seb

Fotocredit/s
Pressefoto
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