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Half Me – „SOMA“

Wer kennt es nicht? Manchmal hört man einen Song einer Band, die man bis dato noch nicht kennt und verliebt sich direkt. Kennste? So erging es mir mit den Jungs aus Hamburg von Half Me. Mein erstes richtiges Abtasten begann beim Hören des Tracks „Livebait“ und sofort sprang mein Herz aus der Brust. Half Me sind eine energiegeladene, aggressive Interpretation des Nu-Metalcore-Genres und sie versprühen mit jedem Zentimeter ihrer Lebensgröße einen richtig großen Drang an der Musik, die nach Vorne geht. Das gefällt mir!

In 2022 folgte nach 3 grandiosen Singles das Signing bei Arising Empire und eigentlich hätten die Jungs damals auch auf unserer RIOT Night in Bochum spielen sollen, doch leider musste die Band damals krankheitsbedingt absagen. Was habe ich mich geärgert! Doch der Ärger hielt nicht lange an, als man letztes Jahr das Debütalbum „SOMA“ ankündigte, welches am morgigen Freitag, den 17. Februar 2023, überall erhältlich sein wird.

Arising Empire ehrt die Band mit den folgenden Worten:

„Musikalisch mischt die Band eine moderne Interpretation von Metal und Hardcore mit Highlights aus dem 90er Nu-Metal. Stampfende Riffs und Breakdowns werden von brutalem, aber manchmal auch elegantem Gesang begleitet, die alle zusammen den unverwechselbaren Sound der Band ausmachen.“

So und wer jetzt genau so viel Bock auf die neue Scheibe hat wie ich, der sollte jetzt auch noch unsere Review dazu lesen. Viel Spaß dabei!

Tracklist:

01. Wraith
02. Trauma Culture
03. Distort
04. Magma Hour
05. Ex Negativo feat. Marcus Lundqvist (thrown)
06. Zenit
07. Proxy
08. Outbreak
09. Blacklight
10. I am But A Guest In Exile
11. Mitternacht
12. Half Me

Eröffnungstrack gibt den Takt vor

Die Intensität des Album-Openers „Wraith“ mit seinem beeindruckenden, hymnischen Refrain ist der Türöffner der LP, aber nur ein kleines Teil dieses beeindruckenden Puzzles. Was ich damit meine, werdet ihr vermutlich im Laufe dieser Review ganz gut nachvollziehen können. Der Breakdown könnte nicht verheerender sein und doch bleibt der Rhythmus unheimlich eindringlich. Die Drums scheppern ordentlich.

Die Band selbst beschrieb den Song wie folgt:

„‚Wraith‘ ist die Folge eines traumatischen Ereignisses. In einem Schrei nach Solidarität entpuppt sich die Isolation als Treibstoff für das ansteckende Fortschreiten von etwas, das vage und schwer zu fassen ist… aber es existiert. Jeder einzelne Gedanke verschlimmert die Abwärtsspirale, während niemand sonst in der Lage ist, sie zu verstehen. In diesem Zustand, von allen weggestoßen zu werden, beschreibt ‚Wraith‘ dieses Wesen, das wächst und langsam ein Teil von dir wird.“

Nu-Metalcore wie er sein sollte

Was dann folgt, fügt sich perfekt ein: „Trauma Culture„’s raue Instrumentierung und zuckende elektronische Musik, lässt mich direkt ab Sekunde 1 den Kopf wippen. Das Nu-Metalcore-Flair des ersten Riffs dieses Tracks wird mir auch noch in zehn Jahren ein Grinsen ins Gesicht zaubern. Der Song ist schwungvoll, chaotisch und einprägsam; alles, was man sich von einem Song wie diesem wünscht.

Sänger Chris Zühlke kommentierte das gute Stück (damals als erstes Lied unter Arising Empire):

„Ich freue mich sehr, endlich „Trauma Culture“ zu veröffentlichen und die Tür zu unserer neuen Geschichte zu öffnen. Der Song steht für Beziehungswahn, eine Form der Geisteskrankheit, die aufgrund des Ausmaßes des kollektiven und individuellen Schadens oft übersehen wird. In dieser Ära der Hyperkommunikation prallen radikale Weltbilder aufeinander. Alles, was um mich herum geschieht, hat mit mir zu tun. Und es gibt etwas, das ich tun muss, um mich dieser Handlung zu stellen.
Die Regeln der Gesellschaft in Frage zu stellen, wurde zu einem Gefäß dieses Dogmas. Mit ‚Trauma Culture‘ verarbeite ich sowohl persönliche Erfahrungen als auch gesellschaftspolitische Beobachtungen und ich kann es kaum erwarten, diesen Schmerz und diese Traurigkeit auf die Bühne zu bringen. Während ich die Radikalisierung verurteile, kümmere ich mich empathisch um die Opfer der Isolation.“

Aggression und Groove

Im ersten Drittel dieses Albums zeigen Half Me, wie stark ihr Sound ist. Sie sind fähige Songwriter, verwandeln hohe Geschwindigkeit in leicht zugängliche Melodien und legen die Nerven durch ihre rauen Kanten frei. Dies zeigt sich unter anderem in der ohrenbetäubenden und atemberaubenden Aggression von „Distort“ oder im erdrückenden Groove von „Magma Hour„. Die Jungs beweisen einfach was in ihnen steckt und versuchen immer noch eine Portion oben drauf zu packen.

Feature mit Schwung und Härte

Den nächsten Abriss feiern Half Me dann gemeinsam mit dem Label-Kollegen Marcus Lundqvist (Thrown). Für mich ist „Ex Negativo“ der härteste Track auf „SOMA“ und das nicht nur wegen des verheerenden Breakdowns zum Ende hin. Die Mixtur zwischen Härte und Melodie ist den Hamburgern auf diesem Stück perfekt gelungen.

Zum Song selbst sagte die Band:

„Das Leben wird als Abwesenheit von Bedeutung definiert. Die Ketten, die früher die Kontrolle über das Leben gaben, gleiten dem Protagonisten aus den Händen und verwischen die Linien jedes Aspekts der Existenz. Jede Bedeutung, die wir unseren eigenen Erfindungen geben, trägt nur zur Korrosion unseres kollektiven Geistes bei. Der nihilistische Ton von Ex Negativo wird durch einen heftigen Ausbruch des Gastsängers Marcus Lundqvist von THROWN beibehalten, der das Ausklingen des Songs in eine Hörschleife der Monotonie kontrastiert.“

Kurzes Durchatmen & weiter geht´s

Anschließend bietet „Zenit“ mit 42 Sekunden dystopischer Elektromusik einen Moment zum Durchatmen. „Proxy“ und „Outbreak“ bieten abwechslungsreiche und weiche Kontraste sowie Übergänge durch rasende Metal-Heaviness, unheimliche Atmosphäre und faszinierende Effekte. Das sind die wohl ausgefallensten Tracks auf dem Langspieler. Hier lohnt sich auf jeden Fall ein zweiter und dritter Durchlauf!

I had enough of the voices telling me it’s wrong

Die Emotionen, die aus „Blacklight“ strömen, sind in jeder Hinsicht spürbar, auch in den Texten und die plötzlichen Pausen während des Tracks überraschen einen beim ersten Hören auf die bestmöglichste Art und Weise. Fun Fact: dieser Track war sozusagen der Startschuss zum Album-Release und eignet sich nicht nur aus meiner Sicht sehr gut dazu. Viele Reacter auf YouTube titelten den Refrain und Chris Clean Vocals unheimlich. Das kann ich einfach nur bestätigen!

Etwas unter dem Radar fliegt dann der nachfolgende Song „I am But A Guest In Exile„. Ich kann es mir immer noch nicht erklären warum, aber irgendwie dringt dieser Track einfach nicht zu mir durch. Obwohl Half Me hierauf sicherlich keine Abstriche machen.

Das glorreiche Ende

Eingeleitet wird der Album-Closer, welcher unter anderem auf denselben Namen hört wie die Band selbst, durch ein kurzes und berührendes Stück melodiöser Atmosphäre. „Mitternacht“ ist sozusagen der perfekte Begleiter von „Half Me“ und geht nahtlos darin über. Und wie soll es am Ende auch sein, so brechen Half Me auch im Finale nochmal alle Knochen, die nicht sowieso während des Albums bereits gebrochen worden sind. Doch die geheimen Additive, die den Track zu einem der besten in der Bandgeschichte machen werden, ist nicht die Härte, sondern die eingesungenen Refrains und die Lyrik.

Die Band fügte noch hinzu:

„Wir sind unglaublich stolz darauf, unsere neue Single ‚Half Me‘ zu veröffentlichen. Dieser sehr persönliche Song schildert unsere bisher ruhigsten Momente. Er schildert den endgültigen Abstieg des Protagonisten in den Wahnsinn und die ultimative Manifestation einer anderen Persona in seinem eigenen Ich. ‚Half Me‘ ist sowohl eine totale Hingabe als auch ein Bindungsritual. Ihr seid herzlich eingeladen, herauszufinden, was nach der ‚Wraith‘-Storyline passiert.“

Fazit:

Ganz ehrlich: ein Debütalbum wie „SOMA“ wird schwer zu toppen sein. Doch ich bin mir sicher, dass Half Me mich und euch vom Gegenteil überzeugen können. Die Jungs aus dem hohen Norden verfügen über ein enormes Talent, welches sie bereits damals in den Anfängen bewiesen und nun mit bravur in ihrem Debütalbum haben einfließen lassen. Eines ist auch klar: Kreativitiät und den Drang dazu, Themen anzusprechen, die unter die Haut gehen, dürfen sie niemals verlieren. Denn das ist das, was die Jungs außerhalb ihres Talents ausmacht. Solltet ihr bisher noch nichts oder nur einen Song von Half Me gehört haben, ändert es bitte jetzt. Ich für mich kann mich aus dem Fenster lehnen: ein Spot in der Highlight-Liste für 2023 ist vergeben!

Rating:

Eigentlich, und so werden viele von euch vermuten, müsste nach meinem Fazit hier jetzt die höchste Punktzahl stehen. Doch ich vergebe sie mit Absicht nicht! Ich möchte mehr von Half Me und noch mehr Kreativität in den nächsten Songs, sowie den weiteren Alben. Daher vergebe ich „SOMA“ die zweit höchste Punktzahl mit 9,5 von 10 Punkten. Bitte liebe Nordlichter, kommt wieder und überrent mich mit einer 10 von 10! Das ist mein Wunsch.

P.S.: noch etwas ganz wichtiges! Half Me werden direkt auf eine kleine Headliner-Tour gehen! Falls sie in eurer Nähe spielen: geht hin und überzeugt euch live!

Half Me sind:

Christopher Zühlke – Vocals
Christopher Hesse – Gitarre
Julius Jansen – Gitarre
Tobias Max Sajons – Bass
Maximilian Eisersdorff – Schlagzeug

Info
15. Februar 2023 
23:06 Uhr
Band
Half Me
Genre
Deathcore Metalcore Nu-Metalcore
Autor/en

 Seb

Fotocredit/s
synapsengift
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