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Sperling – Menschen wie mir verzeiht man die Welt oder hasst sie

Die deutsche Gruppe rund um Sperling hat bereits im Jahre 2021 mit ihrem Debüt „Zweifel“ gezeigt, wie gut durchdacht, sei es nun textlich oder musikalisch, ein erster Langspieler sein kann und haben sich dadurch eine starke Fanbase aufgebaut. Nun 3 Jahre später, veröffentlichen sie den Nachfolger „Menschen wie mir verzeiht man die Welt oder hasst sie“ (via Uncle M Music) und was dieser zu bieten hat, lest ihr hier:

Tracklist
01. Meer (feat. Being As An Ocean)
02. 100 Tonnen Kummer
03. November
04. Die kleine Angst (feat. Blackout Problems)
05. Wach
06. Dünner als Papier
07. Verlieren
08. Fallen
09. Frost
10. Luft
11. Die Welt ist schuld

Emotionaler Einstieg

Die Reise beginnt mit Meer, der zuletzt als Single veröffentlicht wurde und zeichnet bereits ein erstes Bild von dem, was bevorstehen mag. Dieser gibt den bekannten Sperling Sound wieder, mit einem Text, der bereits zum Nachdenken anregt, sich in Post-Rock Gefilden bewegt und das von Luca Gilles gespielte Cello untermalt wird, der integraler Bestandteil für den Sound der Band ist. Als i-Tüpfelchen hat man sich noch Joel von Being As An Ocean an Land gezogen, der mit seinen Shouts im Mittelteil für einen düsteren Twist sorgt. Was ein Opener!

Melancholie

100 Tonnen Kummer vermittelt textlich anfangs eine Art von Hoffnungslosigkeit, allerdings wird im späteren Verlauf klar, dass durchaus mehr Hoffnung vermittelt wird, denn letztendlich ist niemand allein mit seinem Kummer. Im Kontrast dazu steht die Instrumentale Untermalung, denn diese vermittelt trotz des lyrischen Inhalts eine Art von Leichtigkeit und gerade diese Gegensätze sind es, die unteranderem den Sound von Sperling ausmachen.

Hier ist Gänsehaut garantiert

Auch November wurde passend zum Monat bereits als Single veröffentlicht. Dieser ist mit einer der emotionalsten Stücke des Albums, denn der Text ist wieder ungeschönt direkt, der fast schon entwaffnend wirken kann. Begleitet wird der Song vom Piano und einem Gitarrensound der sich erneut in Post-Rock Gefilden wiederfindet und diese Kombination sorgt für einen dichten, sphärischen Sound, der schlichtweg unter die Haut geht.

Wenn die Angst einem im Weg steht

Die kleine Angst glänzt durch einen Catchy Chorus der vom Blackout Problems Sänger Mario Radetzky unterstützt wird und das wunderschöne Cello unterstreicht die ruhigen Verse. Als 2. Single Auskopplung bekommt man hier auf ein Neues den bekannten Sperling Sound geliefert, der im Mittelteil mit einer guten Prise Härte, dank den dissonanten Chords daherkommt und durch den eingangs erwähnten Chorus direkt im Ohr bleibt.

In neue Gefilde

Einer der interessantesten und vielleicht auch gewagtesten Tracks findet man hier mit Wach. Stilistisch findet hier ein Umbruch statt und sich in Richtung Hip-Hop / Indie Rock bewegt. Eventuell mag es anfangs fremd wirken, jedoch ist gerade das experimentieren des Bandeigenen Sounds so gut umgesetzt, dass dieser seinen ganz eigenen Charme offenbart. Durch den „Four On The Floor“ Beat kann man sich einfach nur zurücklehnen und den Vibe genießen. Das Solo on top rundet diesen abwechslungsreichen Track perfekt ab.

Nicht jeder kann verzeihen

Bei der Hälfte des Albums angelangt, geht es nicht anders, als Sperling dafür zu loben, wie gut sie es schaffen, stilistische Wege zu gehen und Brüche zu wagen, die sich dennoch organisch anfühlen. Dünner als Papier steht erneut im Kontrast zu seinem vorherigen Track, mit einer wahnsinnig emotionalen Ballade, die durch die gewählten Worte die Gefühle auf einem Präsentierteller legen. Hab ich schon erwähnt, wie schön eingebunden das Cello ist? Gegen Ende wird dieses auf eine Art und Weise gespielt, die pure Melancholie versprüht und gleichzeitig eine gewisse Schönheit offenbart.

„Schauen in den Flur, so als wär’s der Horizont“

Sperling – Verlieren

Der erste Vorgeschmack auf das Album wurde mit Verlieren präsentiert und man hätte diesen nicht besser wählen können. Track Nummer 7 ist allgemein die perfekte Einführung in die Welt von Sperling, da dieser so ziemlich das einfängt, welchen Sound die Band zu bieten hat. Schon der Text ist ein Highlight für sich, da dieser durch die gewählten Worte imstande ist, dem Hörer ein direktes Bild zu vermitteln. Ein Anspieltipp, wenn man sich erstmal mit der Band vertraut machen möchte!

Genre Grenzen überschreiten

Wieder einmal wird mit dem eigenen Sound experimentiert, denn Fallen setzt fast komplett auf elektronische Beats die an Lo-Fi erinnern, welche durch die gewählten Arrangements für eine dichte, zwischendurch auch düstere Atmosphäre sorgen. Ein weiterer Track, der sich vom Rest des Albums abhebt, da dieser wieder stark im Kontrast steht und sich hier erneut aufweist, dass Sperling sich nicht scheuen, etwas anderes auszuprobieren. Dies gelingt auf ein Neues verdammt gut!

Eisige Kälte

Frost ist der perfekte Song, um die Augen zu schließen und die Musik auf sich wirken zu lassen. Die dezente Untermalung von Cello, Johannes Gauch stimmlich sanfte Überlieferung und Gitarre sorgen hier erneut für eine ganz eigene, träumerische Atmosphäre. Im späteren Verlauf explodiert der Song in allen Bereichen förmlich und offenbart einen Twist, der erneut den Post-Rock kanalisiert und man aus dem Traum erwacht.

Noch ein letztes Mal versinken

Der vorletzte Track Luft kommt erneut mit einer Leichtigkeit daher, die eine hoffnungsvolle Stimmung vermittelt, sowohl musikalisch als auch textlich. Hier kann man sich erneut fallen lassen, genießen und sich auf den Abschluss vorbereiten.

Mit dem letzten Track der Platte Die Welt ist schuld, entlassen euch Sperling von der musikalischen Reise des Albums, die eindringlicher nicht hätte sein können. Das Finale offenbart noch einmal alle Trademarks der Band und bringen so das Erlebnis zu einem wunderschönen Abschluss.

Fazit:

Mit Menschen wie mir verzeiht man die Welt oder hasst sie haben Sperling einen Nachfolger geschaffen, bei den genau an den richtigen Stellen gefeilt wurde. Nicht nur der eigene unverkennbare Sound wurde perfektioniert, sondern auch die mutigen, stilistischen Experimente sorgen für eine abwechslungsreiche und dichte Atmosphäre. Man kann die Gruppe für das was sie geschaffen haben nur loben, deshalb bekommt dieses einzigartige Werk von mir 9/10 Punkte.

Info
24. Februar 2024 
18:00 Uhr
Band
Sperling
Genre
Post-Hardcore
Autor/en

 Jan

Fotocredit/s
crankmerino
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