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Unearth – „The Wretched; The Ruinous“

Nach mittlerweile fast 25 Jahren präsentieren uns Unearth, die eindeutig zu den Pionieren des frühen Metalcores gehören, ihr neues Album „The Wretched; The Ruinous“ welches am kommenden Freitag, den 05. Mai 2023 erscheinen wird. Oftmals werden die Jungs aus Massachusetts als eine der Fahnenträger des amerikanischen Metalcores beschrieben, was meiner Meinung nach auch voll und ganz zutrifft. Obwohl Unearth immer wieder ihrer Liebe zum europäischen Melo-Death gezeigt haben, paarten sie diese Riffs zum Beispiel mit Trash und Hardcore, woraus dann später der Metalcore entstanden ist. In meiner Sicht gibt es nur noch eine weitere Band, die das so unnachahmlich geschafft hat (Darkest Hour).

Auf Album Nummer acht steigern Unearth nicht nur ihre „Metal-meets-Hardcore-Intensität„, sondern sie übertreffen sich selbst mit einem Album, das Elemente klassischer Unearth-Werke enthält, die bis zum „Durchbruch“ von „The Oncoming Storm“ aus dem Jahr 2004 zurückreichen, während sie über das jüngste Back-to-Basics-Versprechen des 2018er Albums „Extinction(s)“ hinausgehen.

Zusammen mit dem Produzenten der letzten LP, Will Putney (Body Count, Thy Art Is Murder), war das Ziel einfach: das ultimative Unearth-Album zu schaffen. Ob sie das gemeinsam geschaftt haben, verraten wir euch jetzt in unserer Review.

TRACKLIST
01. The Wretched; The Ruinous
02. Cremation of the Living
03. Eradicator
04. Mother Betrayal
05. Invictus
06. Call of Existence
07. Dawn of the Militant
08. Aniara
09. Into the Abyss
10. Broken Arrow
11. Theaters of War

Anfang nach Maß

Direkt der Titel- und Eröffnungstrack „The Wretched; The Ruinous“ bietet uns etwas Spektakuläres, was wir uns niemals haben erträumen können. Ein Beginn so, wie es Unearth bis dato auf keinem ihrer Alben geschafft haben. Ein aggressiver und energiegeladener Sound erklingt, bevor die Band mit dem typischen Buz McGrath-Tempo voll durchstartet. Dazu servierten uns die Jungs diesen Song natürlich als ersten Vorboten zum gleichnamigen Album. Danach folgte noch ein ansehnliches Musikvideo mit Live-Aufnahmen ihrer Japan-Tour. Was ein gelungerer Start!

Darauffolgend geht es mit „Cremation of the Living“ in die nächste Runde. Es geht temporeich weiter, wechselt dann in ein Beatdown-Hardcore-Territorium, bevor wir dann zu aufgeladenen Melo-Death-Riffs den Kopf nicken. Und, ich hoffe ich spreche jetzt auch aus euren Gedanken wenn ihr Sänger Trevor Phipps zuhört. Seine Growls klingen wahrhaftig wie ein Metalcore-Dude, der seine Stimme vom Fit For An Autopsy-Vocalist Joe Badolato geklaut hat. Das soll bitte keine negative Kritik sein, denn ich liebe Joe´s und demnach auch Trevor´s Vocals.

Tracks wie „Eradicator“ zeigen, warum Unearth einer der Titanen des Metalcore geworden sind. Die Mischung aus dem Melo-Death von In Flames und At The Gates gepaart mit fetten, Moshpit-würdigen Breakdowns zeigt, dass die Band immer noch in der Lage ist, interessante und heftige Tracks wie diesen zu schreiben. Einen dicken Daumen nach oben dafür!

Lyrische Warnung an die Menschheit

Eben haben wir den Vergleich zu der Gesangstechnik von Trevor mit seinem Pendant Joe gezogen, nun gibt es auch lyrisch den Beweis, dass die beiden Bands einen ähnlichen Weg eingeschlagen haben. Doch am besten erklären, worum es in „Mother Betrayal“ geht, kann Trevor selbst:

„‚Mother Betrayal‘ ist ein bedrohlicher Banger, der die Kombination aus melodischem Death Metal, Thrash und metallischem Hardcore enthält, die unseren Sound von Anfang an ausgemacht hat. Es steigert die Aggression und Wildheit über die früheren Aufnahmen hinaus, während es musikalisch, gesanglich und strukturell in neue Gefilde vordringt. ‚Mother Betrayal‘ ist eine Warnung, dass wir an mehreren ökologischen Kipppunkten vorbeischrammen, die durch unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verursacht werden und das Leben auf unserem Planeten für immer verändern werden.“

Der Track war die zweite Single-Auskopplung und eine verdammt gute noch dazu.

Invictus“ ähnelt seinem Vorgänger sehr, ist schräg und mischt reines Metalcore-Geschrammel mit düsterer Gothic-Atmosphäre und einem abschließenden Breakdown, der es ordentlich in sich hat. Was aber auch irgendwie zu dem ganzen Song passt. Wer auf Unearth aus den „guten, alten Zeiten“ steht, ist hier an der richtigen Passage angelangt. Bitte nach links abbiegen und sich im Moshpit ordentlich zerstören lassen!

Darf es eine Prise „Proggy“ sein?

Auf „Call of Existence“ zeigen sich die Jungs dann mal von ihrer progressiven Seite, die wir so bisher noch nicht auf „The Wretched; The Ruinous“ gehört haben. Bei uns hinterlassen Unearth damit einen kleinen offenen Mund, denn so progressiv, melodisch und auch verschachtelt kennen wir den Sound nicht, den sie uns bis dato geboten haben. Auch dafür gibt es einen Daumen nach oben!

Ein tiefgründiges Lied des Albums „Dawn of the Militant“ gibt uns den klassischen Metalcore-Genuss. Hierbei handelt es sich um einen echten Beweis, dass Unearth es immer noch beherrschen, Dinge zurückzunehmen, wenn es nötig ist und etwas Solides und Schweres zu schaffen. Außerdem liefert uns die Band einen ihrer extremsten Breakdowns aus den letzten 25 Jahren.

Aniara“ ist dann der Ruhepol der LP, denn nun erwartet uns ein akkustisch eingespieltes Interlude, welches ab und an auch von In Flames hätte sein können.

„Beyond oblivion, we ride“

Die dritte Single-Veröffentlichung treffen wir an Stelle Nummer 9 auf dem Album. Mit „Into the Abyss“ ließen uns die Bostoner nicht nur in Erinnerungen an ältere Werke schwelgen, sondern lieferten abermals eine Fingerzeig in Richtung Menschheit. Auch hier wollen wir euch die Worte von Vocalist Trevor nicht vorenthalten:

A riff fueled interstellar endeavor sums up our third single ‘Into the Abyss’. Our future planet is in disrepair and the fortunate are forced to flee to a distant world to continue the human race while billions of the less fortunate are left behind to meet a hellish end. Buz McGrath lights the path with a journey of melodic riffs, leads and solos that set it apart from the bulk of The Wretched; The Ruinous album. Beyond oblivion we ride!

Broken Arrow“ hat einen ordentlichen Touch an Southern-Rock-Einflüssen, nicht umsonst hören wir in diesem Track auch ein paar eingesprochene Vocals. Leider verbiegen sich Unearth auf diesem Stück meines Erachtens etwas zu sehr, sodass es sich etwas vom Rest abhebt. In diesem Sinne nur leider nicht positiv.

Glücklicherweise bewegt sich der Albumabschluss „Theater of War“ in Richtung einer klassischeren Hardcore-Ästhetik, die mit der für Unearth typischen, geschmackvollen Melodie durchzogen ist. Dies trägt dazu bei, die Atmosphäre wieder zu bereinigen und das Album auf einer hohen Note zu beenden.

Fazit:

The Wretched; The Ruinous“ ist eine solide LP mit thrashigem Metalcore, welcher nach klassischen Unearth schreit und an einfachere Zeiten in der Metalcore-Szene erinnert. Es ist schön zu erkennen, dass die Jungs noch lange nicht genug von ihrem geliebten Sound haben, was eindeutig für viele ihrer Fans sprechen wird. Auch im lyrischen Bereich haben die Bostoner mit dem Bezug zur Menschheit und dem Weltverderben einen tollen Ansatz gefunden, dem sie sich nun mehr und mehr widmen. Jegliche Kritik daran, dass die Band ihren Sound nicht verändert hat, ist an dieser Stelle überflüssig.

Rating:

Denn Unearth liefern uns das, was wir uns gewünscht haben. „The Wretched; The Ruinous“ ist ein weiteres verlässlich solides Stück Metalcore von einem seiner frühesten Fahnenträger und erhält hierfür von uns 8 von 10 Punkten.

Unearth sind:

Vocals – Trevor Phipps
Guitars – Buz McGrath
Bass – Chris O’Toole
Drums – Nick Pierce

Info
2. Mai 2023 
23:00 Uhr
Band
Unearth
Genre
Metalcore
Autor/en

 Seb

Fotocredit/s
mezgarth
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