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VV – „Neon Noir“

Der Pionier des Love Metal, Ville Valo, ist mit seinem neuen Solo-Debüt Album „Neon Noir“ (Releasedatum 13.01.2023) zurück!
Der Longplayer überzeugt auf dem Papier schon mal mit 12 Songs und einer Spielzeit von ca. 57 Minuten.

Valo selbst beschreibt sein Werk wie folgt:

„Artistically speaking the main difference between HIM and VV is the extra line in the Heartagram, but what an exquisite line it is! It’s the Mamas and the Papas dressed up as Metallica on their way to a Halloween bash at the Studio 54, and now who wouldn’t want to witness that?…. As fun as the funeral rites for HIM were, it took me more than a few moons to lick my wounds in the shadow of the Heartagram and come up with an excuse to strum and hum again. Eventually I decided to put a leash on my beloved black dog and we started howling together instead of barking at each other. That’s how the album Neon Noir was born.”“

Die größte Herausforderung im Albumprozess (welches er komplett selber eingespielt hat) erklärte er uns in einem kurzen Interview :

„Every song is a challenge and it´s a challenge to keep yourself inspired everyday. Cause there´s a lot of mistakes to be made in life. If your looking for a sound or a lyric, you have to go a bit to far and relane yourself back in so this means a lot of broken noses, knees and sleepless nights. The hard parts are very important to make the album what it is. So in essence i´m looking for those harder moments and the struggle. i think it´s important for music in general. If it feels too easy there is something wrong with it.“

Album-Cover

Tracklist:
01. Echolocate Your Love
02. Run Away From the Sun
03. Neon Noir
04. Loveletting
05. The Foreverlost
06. Baby Lacrimarium
07. Salute the Sanguine
08. In Trenodia
09. Heartful of Ghosts
10. Saturnine Saturnalia
11. Zener Solitaire
12. Vertigo Eyes

Wie das Album des einstigen H.I.M Frontmannes klingt, erfahrt ihr nun in unserer ausführlichen Review.

Los geht es mit „Echolocate Your Love“:

Song Nr.1 startet direkt mit altem H.I.M Feeling. Die Drums und das Keyboard erschaffen einen tanzbaren Beat, der durch die Gitarre noch mal abgerundet wird. Auffällig sind die Vocals, die eine klare Brücke zu seinem Nebenprojekt aus 2019 schlagen. Valo hat sich hier mit der finnischen Band „Agents“ zusammengetan und Songs des frühverstorbenen Künstlers  Rauli „Badding“ Somerjoki im neuen Licht erstrahlen lassen. Musikalisch ging es überwiegend in die Pop-Richtung, was sich bei „Echolocate Your Love“ auch bemerkbar macht und somit doch den Unterschied zu alten H.I.M Tracks bietet.

Beschrieben wird der Track wie folgt:

„The song is a teary mascara marathon between Robert Smith and Ozzy, with a dash of hope. It’s a sonic step-by-step guide on how to survive, and perhaps even enjoy, the realm of VV with its abundance of things that go bump in the night.“

Track Nr.2 ist bereits 2020 erschienen:

„Run Away From The Sun“ erschien ursprünglich auf der EP „Gothicana Fennica Vol.1“ und erreichte uns bereits 2020. Der Track startet mit Valos wunderbaren Vocals und hat mir 2020 bei seinem unvorhergesehen Release echte Tränen in die Augen getrieben. Nicht, weil der Song schlecht ist, nein, ganz im Gegenteil. „Run Away From The Sun“ versetzt einen direkt in alte Zeiten und holt pure Nostalgie empor. Die Nummer könnte genauso gut auf einem der letzten H.I.M Alben gelandet sein und niemand hätte es gemerkt. Hier passt alles, die Theatralik, die Lyrics, die Instrumente und natürlich Valo selbst verleihen dem Song das nötige Etwas.

VV’s Titeltrack ist ein wahres Hitwunder:

„Neon Noir“ macht von Beginn an gute Laune und ist super catchy. Hier fällt Valo auch eher in seinen alten Gesangsstil zurück, der seine dunkle Stimme wieder mehr zum Vorschein bringt. Der Refrain animiert direkt zum mitsingen und ich bin mir sicher, der Song wird Live absolut zünden.
Kein Wunder also, dass dieser auch der Lieblingssong von Valo selbst ist:

„I would probably say the titletrack [Neon Noir], because the song gave me the title for the album. It was the first time I had the feeling that all the pieces of the puzzle had fallen into the right places. Both soundwise, vibewise and lyricwise. It´s very much what I want my music to be at the moment. I want it to be like the musical interpretation of „Blade Runner“ the movie or the „Twin Peaks“ series. Something that mixes lot of genres in a way that it feels still organic and not forced.“

„Loveletting“ kündigte das große Comeback an:

Dieser Song sollte das große „Comeback“ von Ville Valo aka. VV ankündigen und die anstehende Album-Tour. Das Musikvideo, welches eine vermeintliche Romanze mit einem schwarzen Schaf zeigt, könnte nicht ulkiger sein und trotzdem weiß „Loveletting“ zu überzeugen. Getrieben wird der Song von Valos markanten Vocals und wird durch gezielt eingesetzte Drums zu einer poppigen Tanznummer. Musikalisch nimmt er sich etwas zurück und setzt mehr auf seine Stimme, aber ich bin ehrlich, das reicht mir vollkommen.
Natürlich stellt er seine Kunst für herzergreifende Lyrics auch wieder unter Beweis, wie z.B. hier:

„Two heartbeats out of sync with each other and crying
dreaming of love letting love
Trapped in a loop of chasing shadows
Of all we have lost and of all that we’ll never ever be
Love, you are the song I sing alone
The darkness I keep dreaming of“

Auf geht es in die 80er:

Wie Ville in unserem kurzen Interview verriet, ist er ein Freund von vielen Genres und wir fragten uns ob er sich auch Musik in einer anderen Richtung vorstellen könnte:

„Yeah it could be, if it felt right. Thats why I keep finding myself and keep doing this kind of music. I love all genres. I love reggae, I like black metal, I listen to some classical, I love pop-music as well as electronic music, but no I be thinking about it, but no it always felt wrong. The only thing that feels right to me to do, is the thing I do.“

Kein Wunder also, dass „The Foreverlost“ einen direkt in die 80er Jahre versetzt und an alte Depeche Mode Tracks erinnert. Der Song ist deutlich schneller als sein Vorgänger und lässt die Instrumente wieder mehr in den Vordergrund treten. Highlight sind hier die verzerrten Gitarren, gepaart mit treibenden Drums. Der altbewährte H.I.M-Sound geht dabei auch nicht verloren und bildet so eine gute Symbiose vom Alten zum Neuen.

Valo findet auch klare Worte für diesen Track:

“The Foreverlost” is yet another loud love song depicting the burlesque butoh between two world-weary souls. All my Carmina Buranas and could’ve should’ve would’ves rolled into a neat little Gordian knot of the gothic variety.”

„Baby Lacrimarium“ ist unbeschwert schön:

Valo geht hier gefühlvoll an den Start und drosselt das Tempo aus „The Foreverlost“ deutlich.
Der Track wirkt sehr verletzlich und ergreifend, jedoch auf eine positive Art. Der Fokus liegt wieder auf Vocals, Keyboard und zurückhaltenden Gitarren. Live wird „Baby Lacrimarium“ absolut überzeugen, denn dieser ist für große Hallen gedacht. Außerdem wird frischer Wind in das Album gelassen und erzeugt Raum für Neues, jedoch ohne den typischen Sound zu vermissen.

Weiter geht es mit Track Nr.2 aus der EP „Gothica Fennica Vol.1“:

„Salute The Sanguine“ ist schon seit 2020 hörbar und war wie „Run Away From The Sun“ auf o.g. EP.
Eigentlich bin ich kein Freund davon „alte“ Songs auf Alben zu packen, doch irgendwie passen die Tracks in das Konzept von „Neon Noir“ und ich muss einfach ein Auge zudrücken.

Die Nummer versetzt einen wieder in die alte H.I.MÄra und kommt für mich, wie sein Kollege „Run Away From The Sun“, an diese Zeit heran. Hierdurch wird zwar mit dem Schema der „neueren“ Songs gebrochen, doch ein bisschen „back to the roots“ schadet doch nie.

„In Trenodia“ klingt ganz anders:

Von Beginn an wird der Track seinem Namen gerecht, denn „Trenodia“ bedeutet soviel wie Klagelied und dieses fängt er zumindest am Anfang perfekt ein.
Der Song bringt die Gitarren wieder deutlich in den Vordergrund und entwickelt sich mit jeder Sekunde immer weiter. Der Chorus ist sowas von catchy, dass er bereits nach einem mal hören im Ohr bleibt und natürlich zum mitsingen animiert. Gleichzeitig bricht der Chorus mit der anfänglichen Trackrichtung und der Theatralik. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie erinnert mich „In Trenodia“ stellenweise an Evanescence.

„Heartful Of Ghosts“ lässt einen entspannen:

Der Song startet musikalisch sanft und wird von Valos Vocals begleitet. Mit den Instrumenten wird sich zurückgehalten, denn der Track setzt mehr Wert auf Stimme und den Einsatz von Synths. Ich würde „Heartful Of Ghosts“ als schwächsten Song auf „Neon Noir“ bezeichnen, da er für mich nicht wirklich aus dem Rest der Tracklist heraussticht und sich einige Elemente wiederholen. Ein total Ausfall ist er aber auf gar keinen Fall und hat definitiv einen Platz im Album verdient.

Es folgt der letzte Song, der euch bereits geläufig ist:

„Saturnine Saturnalia“ präsentiert die wohl düsterste Seite des Albums, welche durch die Lyrics und seine Theatralik noch mal verdeutlicht wird.

„Love the Saturnalia, Saturnine
The Earth chokes on bitter wine
From a cup that will never run dry“

Valo schafft es hier, mich vollkommen in seinen Bann zu ziehen und entfesselt eine der besten Nummern auf „Neon Noir“. Die Instrumente sind wieder voll am Start und geben sich mit Valos markanter Stimme die Hand. Es wird sich wieder mehr auf den Alten H.I.M-Sound verlassen, der zwar keine Überraschungen parat hält, mich aber vollkommen abholt.

„Zener Solitair verlässt sich ganz auf die Musik“:

Der Song kommt komplett ohne Vocals daher und nutzt die Chance, die Instrumente in den Vordergrund zu rücken. Musikalisch erinnert mich die Nummer ein wenig an Stranger Things. Ihr werdet wissen, was ich meine, wenn ihr es hört. Musikalisch passiert jedoch nicht allzu viel und „Zener Solitair“ dient eher als Interlude für den letzten Track „Vertigo Eyes“:

Track Nr.12 nutzt den vermehrten Einsatz von Synths, Keyboard und verlässt sich auf Valos eindringende Vocals. Ich sehe mich schon beim Konzert in Köln: „Vertigo Eyes“ wird als letzter Track gespielt und jeder singt mit, großartig!
Mit seinen 7:34 Minuten ist er auch die längste Nummer auf „Neon Noir“ und lässt den Longplayer auf eine epische, sogar schon doomige und würdige weise enden.

Fazit:

Da ist es also, das erste Solo-Album von Ville Valo. Es war bereits von Anfang an klar, dass Valo sich nicht in neue Gefilde begeben wird und den alten H.I.M-Sound aufrecht erhält. Dies hat er selbst von Anfang an klargestellt. „Neon Noir“ schafft es auch durch leichte Pop-Allüren, 80s Flair und einer fetten Prise Love Metal diesen zu erhalten und für mich persönlich sogar weiter auszubauen. Das ganze Album wirkt lockerer, entspannter, fröhlicher und lebensbejahender als jedes H.I.M-Album zuvor. Die Härte von „Venus Doom“ oder „Love Metal“ erreicht „Neon Noir“ zwar nicht, aber dies war, denke ich, auch absolut nicht gewollt. Dass hier jedes Instrument von Ville selbst eingespielt wurde, macht das ganze noch besonderer und zeigt u.a. seine große Qualität als Musiker. Gleichzeitig stellt dies aber auch meinen einzigen Kritikpunkt dar, denn zwischendurch wiederholen sich gewisse Elemente dann doch und fallen somit „negativ“ in der Bewertung auf. Trotzdem hat er es geschafft, das Herz jedes H.I.M-Fans höher schlagen zu lassen. Valo hat definitiv neue Ansätze gefunden und ich bin mir sicher, dass der ein oder andere neue Fan eingefangen wird. Spätestens bei der Tour und den ganzen Festival 2023!
Für „Neon Noir“ gibt es von mir verdiente 9,5/10 Punkte.

Außerdem startet schon sehr bald die dazugehörige Album-Tour:

Info
9. Januar 2023 
9:41 Uhr
Band
Ville Valo
Genre
Love Metal
Autor/en

 Maik

Fotocredit/s
Pressefoto
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