Interview

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Pierce the Veil Interview mit Jaime Preciado

Ab dem 10. Februar ist das neueste Album „The Jaws of Life“ von Pierce the Veil erhältlich.
Entsprechend durfte ich (Tascha) ein Interview mit Jaime Preciado, Pvt’s Bassisten, via Zoom führen. Wenn auch nur virtuell, saß vor mir ein Mann, der trotz jahrelanger Erfahrung im Show-Business eine neugierige, leichter Ader vermittelte. Als jemand, der bereits vor etwa zehn Jahren auf seiner ersten Pvt-Show war, habe ich dennoch eine Veränderung im Laufe des Gesprächs wahrgenommen. Zehn Jahre sind nun eine lange Zeit und während ich bereits Mittezwanzig bin und mich von einen Teenager in eine erwachsene Frau gewandelt habe, entwickelte sich auch Pierce the Veil über die Jahre. Auch zwischen ihrem letzten Album und „The Jaws of Life“ liegen wieder sieben Jahre und mir scheint, dass besonders musikalisch uns ein ganz neues Pierce the Veil erwartet…

Tascha Riot Vision: Das neue Album von Pierce the Veil nach Ewigkeiten anzuhören, fühlt sich fast an, als hättet ihr eine Reunion gehabt!

Jamie Preciado: Ja, seit dem letzten Album ist viel Zeit vergangen, viel zu viel Zeit…

Wie die letzten Jahre vergingen…

Wann habt ihr wieder angefangen an Musik zu arbeiten und was war die Inspiration für „The Jaws of Life“?

Natürlich schreiben wir durchgehend, sobald wir nicht auf Tour sind. Wir sind tatsächlich eine Zeitlang zum Schreiben zusammengekommen, aber dann ist die Pandemie ausgebrochen und das hat uns irgendwie rausgehauen. Ich weiß, Bands und Künstler haben viel Musik während der Pandemie veröffentlicht, aber für uns war es vielmehr ein Zusammenkommen mit unseren Familien. Wir haben währenddessen nicht krass gearbeitet und ich denke, das hat unsere Musik beeinflusst. Einfach, weil wir von jedem isoliert waren, was sich für uns auch nicht gut anfühlte. Normalerweise sind wir sehr eng, also hat es das schwierig gemacht. Zoomcalls, Telefonate, gemeinsam arbeiten, die Kameras nehmen und so, das war hart. Auf musikalischer Ebene sind wir in dieser Phase, in der wir versuchen, es ein bisschen anders zu machen. Damals haben wir eigentlich nicht viel Hartes, sondern mehr den alten 90s Kram wie Rage Against the Maschine und Deftones gehört. Das war Musik, die uns als Kinder sehr beeinflusst hatte und das hat sich meiner Meinung sehr auf unsere Musik ausgeprägt. Diese Platte ist ein bisschen mehr fokussiert, um es für den neuen Pierce the Veil Fan leichter zugänglich zu machen. In den letzten Alben brachten wir offensichtlich viel Dynamik, verrücktes Gitarrenspiel und einfach mehr ein, das wir Euch um die Ohren gehauen haben. Das haben wir ein bisschen zurückgeschraubt, damit wir sehen können, wie sich das anfühlt. Ich denke, darauf sind wir wirklich fixiert gewesen und „The Jaws of Life“ ist ein cooles Zeugnis, wo wir zu diesem Zeitpunkt mit unseren Leben waren.

Welche Bedeutung steckt hinter „The Jaws of Life“ und warum habt ihr diesen Song als title track verwendet?

Der Titel steht schon sehr lang fest. Bereits vor der Pandemie wussten wir, wir müssen das Album „The Jaws of Life“ nennen. Während der Zeit hat sich dieser Titel nochmal verfestigt. Vic hat ein tolles Zitat dazu gebracht, das in etwa sagt, die gesamte Platte geht darum, wie die Welt ihre Zähne in dir vergräbt und du fühlst dich gefangen, unfähig zu entkommen. In Amerika gibt es tatsächlich den Begriff. „The Jaws of Life“ ist eine Maschine, die Feuermänner benutzen, wenn du in einem Autounfall gerätst und drin gefangen bist, um das Auto „aufzureißen“. Wir benutzen diese Doppelbedeutung. Es ist ein massives, mechanisches, bösartig ausschauendes Ding, das die Retten soll. Darüber haben wir nachgedacht, als wir das Album geschrieben haben.

Back to the roots – weg vom Scene-Sound

Euer neuer Sound erinnert mich an Grunge und wirkt weiter weg von dem ursprünglichen Scene-Sound, den viele Fans gewöhnt sind. Wie kam es zu diesem Wechsel?

Wir wollten Lieder machen, Riffs schreiben, die ein bisschen simpler sind. Das macht es viel schwieriger, wenn du tatsächlich versuchst so einen Song zu schreiben. Diese alten Songs und Grunge Bands generell, bei denen passiert nicht viel Komplexes. Es waren nur ein paar Akkorde und sie klangen so groß und vorherrschend. Wenn du einen Rage Against the Machine Song hörst, weißt du direkt, dass es ein Rage Against The Machine ist. Das war unsere Mindset: Gitarrenparts schreiben, die simplifiziert sind. Für uns war das eine große Herausforderung. „Pass the Nirvana“ ist ein sehr einfacher Song und ich denke, die Emotion davon ist das, was Leute wirklich kriegt. Es ist nicht unbedingt, was wir spielen, sondern wie wir es spielen. Und das ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen.

Warum ist es härter simple Riffs zu schreiben?

Ja, für uns ist es das. Ich denke, das ist bei allem der Fall. Wenn du etwas versuchst auf seinem Kern zu simplifizieren, wird es ein wenig kniffliger. Weil du nichts im Weg hast, es ist einfach nur das. Wir lieben schnell und wild zu spielen, aber ich habe das Gefühl, als wir alles zurückgeschraubt haben, war es, als würdest du ein großartiges Drama mit einem simplen Beat spielen. Du denkst dir, wow, du kannst anhand dieses einfachen Beats sagen, dass sie sehr gut sind! Sie haben Seele and weißt du, das kann man nicht üben, das muss man sich verdienen.

Mich hat wirklich „So far so fake“ vom neuen Album überzeugt. Kannst du mir ein wenig davon erzählen?

Das hat einen langen Weg von der originalen Demo zurückgelegt. Wir haben diesen Song konstruiert, als wir in New Orleans waren. Tatsächlich spiele ich auf „So far so fake“ Gitarre. Wir probierten Zeug aus, das wir vorher nicht gemacht haben. Diesem ist so ein seltsamer Groove eigen. Ich denke, das ist wirklich einer meiner liebsten Songs auf dem Album, weil es einfach so anders ist. Es hat eine Art 80s Vibe und gleichzeitig einen modernen Jimmyeatworld-Vibe. Ich bin ungemein gespannt, sobald er rauskommt. Er wird Spaß machen zu spielen.

Ich liebe wirklich „Pass the Nirvana“, aber als jemand, der mit „Selfish Machines“ und „Collide with the Sky“ aufgewachsen ist, habe ich das Gefühl, dass diese Szene Nostalgie ein großes Comeback hatte. Gibt es irgendeine Chance auf Songs mit einem vergleichbarem Vibe?

Die Beiden sind hart zu vergleichen, weil sie so unterschiedlich sind. „Collide with the Sky“ ist über ein Jahrzehnt alt, also waren wir ganz andere Menschen vor zehn Jahren. Ehrlich gesagt, jedes Mal, wenn wir ein neues Album aufnehmen, versuchen wir nicht das exakt Gleiche zu tun. Essentiell versuchen wir dran zu wachsen. Dieses Album ist eigentlich das erste Mal, dass wir diesen großen Schritt unternommen haben und Dinge ein wenig verändert haben. Natürlich tun wir immer noch, was wir tun, aber dieses Album ist etwas zurückgeschraubter, als es „Collide with the Sky“ oder selbst „Misadventures“ sind.

Songgerüste im Schreibprozess

Was ist der allgemeine Prozess beim Schreiben von Songs als Pierce the Veil?

Wir versuchen jedes Mal Gerüste zu bauen. Manchmal ist es eher ein Riff, eine Melodie, ein Bass Part oder ein Rhythmus – bei allem beginnen wir bei einem Grundgerüst des Songs. Dann versucht Vic eine Art von Melodie darüber zu schreiben, dann baut er darüber und dann wieder darüber, bis wir etwas haben, das wir eine Demo nennen können. Anschließend nehmen wir es zu unserem Producer Paul Meany ins Studio. Gemeinsam mit ihm bauen wir dieses Gerüst aus, bis es sich wie ein fertiger Song anfühlt. Das bedeutet im Wesentlichen für uns, hunderte Versionen des Songs zu machen und dann herauszufinden, welchen wir am meisten mögen. Also, das braucht ein wenig mehr Zeit, als die meisten Bands vermutlich brauchen. Aber wie gesagt, wir machen es ein wenig anders. Die meisten Songs entwickeln sich sehr schnell und andere Songs brauchen länger, bis sie sich richtig anfühlen. Ich hab‘ ein Beispiel: „Emergency Contakt“. Dieser Song wurde in nur zwei Tagen geschrieben. Aber dann haben wir den ersten Track des Albums, der uns zwei Jahre gekostet hat. Für uns gilt immer, was am besten für den Song ist. Wenn ein Lied Screams braucht, müssen wir screamen, wenn ein Lied einen heftigen Part braucht – Was auch immer das Lied braucht, dahin führt es uns auch. Weißt du, nicht jeder Song braucht Screams, nicht jeder Song braucht Gesang. Es ist einfach abhängig, was wir für den jeweiligen Song fühlen.

Warum hat Pierce the Veil zwei Jahre für den ersten Track gebraucht?

Der hier war einfach einer der Songs, den wir umgebaut und umgebaut haben. Er war nicht unbedingt unfertig, wir hatten einfach zu viele Parts. Wir hatten diesen verrückten Song und dachten uns: Wir können keinen sieben minütigen Song machen! Deswegen dauerte es für uns so lange. Wir hatten so in etwa fünf verschiedene Versionen des Songs, da ging einfach zu viel ab, bis wir dachten: ‚Ok wir müssen zurück! Lasst uns herausfinden, wovon dieser Song eigentlich handelt.‘ Erst einmal fertig, waren wir sicher, er ist an keiner anderen Stelle besser aufgehoben, als am Anfang des Albums!

Über Lo-Fi Beats und Features in „The Jaws of Life“

Was ist der persönlichste Song des Albums und warum?

Das ist der Song „Shared Drama“, weil ich diesen auf meinem Laptop geschrieben habe, den ich gerade benutze. Wir haben einen Ordner, in dem wir alle Ideen hineinwerfen und wir alle haben Zugang dazu. Als Vic ihn gehört hat, hat er gefragt, was ich da tue. Und ich habe geantwortet, dass ich diesen Lo-Fi-Beat gebaut habe und dachte, er sei cool. Er mochte ihn und versuchte darüber zu singen. Vic hat mir buchstäblich den ersten Verse und den Chorus gesendet und wir haben uns in diesen Song verliebt. Wir wussten nie, dass es ein Pierce the Viel Song werden würde. Als wir dann nach New Orleans zum Album recorden gefahren sind, haben wir ein paar Songs mitgebracht. Unser Producer fragte direkt: ‚Was ist das für ein Song? Wir müssen den aufs Album packen! Der hat so einen coolen Vibe!‘
Wir hatten nicht damit gerechnet, aber kamen immer wieder auf diesen Song zurück und konnten uns nicht von lösen. Es ist einfach ein „loopy Beat“, etwas, das wir vorher nie getan haben. Er ist so persönlich, weil ich die gesamte Musik dazu kreiert habe. Normalerweise ist das nicht der Fall, eigentlich sind wir es alle zusammen. Das war das erste Mal, dass ich etwas gemacht habe, bei dem ich nicht gedacht habe, dass es überhaupt ein Pierce the Veil Song sein könnte. Also ist er für mich etwas ganz Besonderes, etwas, das ich einfach nur aus Spaß gemacht habe und das sich in einen Song verwandelt hat, den ich so sehr liebe. Und Vic fühlt genauso. Wovon der Song handelt, ist sehr außergewöhnlich für uns. Ich glaube, eine Menge Kinder können sich mit diesem Song identifizieren.

Können wir irgendwelche Features auf dem Album erwarten und wie kamen die zu Stande?

Der letzte Song heißt „Fractures“ und unsere Freundin Cloe Moriondo singt darauf. Vic ist mit ihr auf Instagram befreundet und die beiden haben sich unterhalten. Ich weiß, dass sie ein Fan von uns ist und wir sind Fans von ihr. Und wir wollten irgendwie schon immer jemanden auf diesem Song haben. Wir dachten, es macht für einen Vers Sinn. Dann haben wir Cloe gefragt und sie war ganz aus dem Häuschen. Ich erinnere mich an den Tag, als sie uns Aufnahmen gesendet hat. Wir hörten ihre Vocaltracks und es hat uns umgehauen, wie sie den Song umgesetzt hatte. Der Song war eigentlich schon fertig, doch damit erwachte er zum Leben. Sie hat echt geliefert und so einen tollen Job gemacht. Es am Ende des Albums zu packen erschien uns wie der perfekte Fit. Mit ihr drauf ist es ein echt cooler Endtrack geworden!  

„Ich hätte es geliebt, dass jeder die ganze Show bleibt“ – Fans oder Trends?

Auf Tik Tok ging ein Video viral, in dem Leute nachdem Ihr I Prevail supported habt, sofort gegangen sind. Habt ihr mitbekommen, was passiert ist und wie ging es euch damit?

Weißt du, das war außerhalb unseres Kontrollbereiches. Wir konnten nichts dagegen tun. Ich denke, für uns war das Hauptziel wieder zurück auf Tour zu gehen und möglichst die beste Show zu spielen. Ob die Fans nun bleiben, ist von ihnen selbst abhängig. Wenn du ein Ticket kaufst, ist die Sache, du kannst damit tun und lassen, was immer du willst. Ich hätte es geliebt, dass jeder für die ganze Show bleibt. Darum geht es uns. Es war nicht unsere Show, wir haben I Prevail supported und das ist eben, wie es ausgegangen ist. Also sind wir einfach glücklich wieder zu spielen und vor einer Menge neuer Fans zu spielen. Jede Nacht haben wir gefragt, wer uns schonmal auf der Bühne gesehen hat und nur die Hälfte des Publikums hat die Hand gehoben. Für uns war es cool vor so vielen neuen Fans zu spielen. Es ist nett, neue Fans zu sehen, das ist doch im Endeffekt das, weswegen man eine Band ist.

@saving.joey

Sold out and super crowded show turned into this after Pierce The Veil got off. So sad tbh. ☹️ #TruePowerTour #PierceTheVeil #PTV #IPrevail #IP #Concert #SanJose #California

♬ King For A Day – Pierce The Veil

Ich hoffe, ihr seid bald wieder auf Tour. Wer wird die Drums für euch auf der Bühne spielen?

Wir haben unseren Freund Lonny Robinson. Er ist ursprünglich aus San Diego und war lange Zeit in einer Band namens „Let Live.“. Er ist ein Freund unserer Band, seit Pierce the Veil existiert – also für eine lange Zeit. Wir haben mit ihm getoured und er brachte Let Live. In die UK. Er ist ein großartiger Drummer. Wir sind so glücklich, dass er zugestimmt hat, mit uns zu spielen. Er macht einen fantastischen Job. Wir sind sehr begeistert, dass er zukünftig Shows mit uns spielt. Er bereichert wirklich die Band auf eine coole Art und Weise.   

Es ist eine Weile her, dass ihr in Deutschland wart. Gibt es irgendwie eine Chance, dass wir euch bald hier sehen können?

Geplant sind definitiv mehrere Ort, an denen wir niemals zuvor gespielt haben. Wir haben dieses Jahr und nächstes Jahr einiges geplant. Wir haben eine Menge anzukündigen, hoffentlich können wir bei euch in der Nähe vorbeikommen!

Danke für das tolle Interview, Jaime!

Nachtrag: Europa und UK Tour

Die Termine für die Pierce the Veil Tour sind tatsächlich bereits veröffentlich. Hier geht es zum Instagrampost:

Info
8. Februar 2023 
18:36 Uhr
Band
Pierce The Veil
Genre
Grunge Post-Hardcore
Autor/en

 Tascha

Fotocredit/s
Pressefoto
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