Review

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Thornhill – „Heroine“

Schließt man die Augen und hört einen der neuen Songs auf der neuen LP, entführt Thornhills episches Zweitwerk den Hörer in die Kulissen des klassischen Hollywood. Glaubt ihr nicht? Dann wird es Zeit für eine Reise nach Hollywood, ganz getrieben von unseren australischen Kollegen.

Jacob Charlton (Gesang/Texte) und Ethan McCann (Gitarre/Produktion) von Thornhill reiten auf einer kreativen Welle, angetrieben von ihrer Zuneigung für den Glam und den Charme dieses Stils und haben mit „Heroine“ eine lebendige Anthologie von Geschichten zu einem dynamischen, vom Kino inspirierten Soundtrack geschaffen.

Nach ihrem Debütalbum „The Dark Pool“ aus 2019 und der EP aus den Anfängen „Butterfly“ wollen Thornhill einen neuen Weg einschlagen.

Tracklist:

  1. The Hellfire Club
  2. Leather Wings
  3. Blue Velvet
  4. Arkangel
  5. Valentine
  6. Casanova
  7. Something Terrible Came with the Rain
  8. Hollywood
  9. Raw
  10. Varsity Hearts
  11. Heroine

Neuer Sound oder „alte Liebe“?

Der Eröffnungstrack „The Hellfire Club“ zeigt sofort, dass Thornhill sich nicht auf einen bestimmten Sound beschränken wollen. „Heroine“ beginnt also mit einer üppigen, hallgetränkten Instrumentierung und sanftem, gehauchtem Gesang auf dem ersten Track. Doch dieses Gefühl der Sicherheit wird ganz schnell durch die gegensätzliche, strafende Härte von „Leather Wings“ durchbrochen. Mit schnellen, kantigen Riffs und dem kurzen Auftauchen von Schreigesang im Breakdown ist „Leather Wings“ ein gigantischer Track, der auf jeden Fall einen Award für einen der besten Songs auf dem Album einheimst.

Blue Velvet“ ist dann wieder stimmungsvoll und melodisch, wobei uns Jacob mit seinem charakterstarken, klassischen und zugleich verrückten Gesang einfängt. Ganz besonders fällt uns nach den ersten Tracks aber auch die Intensität im Drumming auf. Damit spielen Thornhill eindeutig mit meinen Geschmacksnerven.

Ein paar Neunziger Vibes gefällig?

Es folgt das unglaublich sexy, an die Neunziger erinnernde „Arkangel„. Eine bereits vorab veröffentlichte Single, die mich bereits beim ersten Hören in ihren Bann gezogen hat. Gitarrist Ethan McCann hat auch an der Produktion des Albums mitgewirkt und diesen Song mitgeschrieben. Er erklärt, dass dieser Song vom Vorspann von „Buffy – Im Bann der Dämonen“ inspiriert wurde. Somit wäre auch die cineastische Verbindung der LP erklärt.

Auf „Valentine“ wird es langsamer und Nick Sjogren verführt den Hörer mit einem super tiefen, langsamen Bass, während Jacob sein unglaubliches Stimmvolumen zeigt. Dieser Track besteht fast nur aus hohen Vocals, tiefem, verzerrtem Bass und einfachen, aber effektiven Drums. Wo wir wieder beim Drumming wären. Ich liebe es! Mehr Drums in den Vordergrund.

Horny for Thorny!

Jeder kann sich noch an die überaus witzigen Sprechchöre in der Live-Premiere zum ersten neuen Song „Casanova“ erinnern. Damals, als ich den Song das erste Mal zu hören bekam, wusste ich nicht so recht was ich davon halten sollte. Hatten sich Thornhill mit ihrer neuen Gangart etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt? Während es instrumental nicht so weit von ihren früheren Arbeiten entfernt war, wie viele Fans beklagten, gab es gesanglich etwas, was man erst einmal verstehen musste. Der Glanz und der Glamour wurden gesteigert, was durch die extravaganten visuellen Effekte des Songs noch verstärkt wurde. Eine ziemlich große Abwechslung, doch mit der Zeit machte es auch bei mir „Klick“.

Casanova“ begann zu funktionieren. Ehe ich mich versah, ging mir der Song nicht mehr aus dem Kopf. Der ansteckende Gesang in Kombination mit den knallharten Riffs hat mich nach mehrmaligen Hören überzeugt. Zugegeben haben es nicht viele ihrer Fans, doch wenn ihr ehrlich zu euch seit, ist dieser Track mittlerweile aus den Top 5 der Band nicht mehr weg zu denken.

Als Nächstes bekommen wir mit „Something Terrible Came with the Rain“ ein wunderschönes zweieinhalbminütiges Instrumental. Dieser Song baut sich auf und schwillt an und hat das perfekte Filmsoundtrack-Gefühl – beginnend mit einer schönen Gitarre, dann Synthies und cineastische Streicherklänge. Und wenn man zu Beginn ganz genau hinhört, hört man auch ein paar Symbiosen zu einer deutschen Band, die demnächst auch eine neue EP raushauen wird (ich verrate noch nicht welche Band ich meine, vielleicht kommt ihr selbst darauf).

Darf es eine Prise Deftones sein?

Hollywood“ bringt uns zurück zu den Grunge-Vibes der Neunziger, aber mit eingebauten Orchesterparts. Die Singles dieses Albums haben bereits zahlreiche Deftones-Vergleiche hervorgerufen, und bei Songs wie diesem kann man sehen, warum. Dieser Song hat so viel zu bieten – er ist schräg, grungy, hat Synthie-Elemente aus den Achtzigern und dieses cineastische, orchestrale Gefühl. Außerdem kommen Djent und Metalcore wieder ins Spiel und wir bekommen einen tollen Breakdown geboten. Am Ende dieses Tracks frage ich mich, wie gut kann eine Band so viele verschiedene Sounds in nur einem Song aufnehmen? Respekt an Thornhill, ich ziehe meinen „imaginären Hut“.

Auf der zuletzt veröffentlichten Single „Raw“ bieten uns Thornhill schrille Synthie-Sounds mit dreckigen, sexy Instrumenten. Oh man, wie häufig das Wort „sexy“ in dieser Review bereits niedergeschrieben wurde. Es tut mir ehrlich gesagt auch Leid, aber viel besser kann man es nicht beschreiben, ich hoffe ihr versteht was ich meine. Kurzer Fingerzeig: schaut euch einfach die Musikvideos der jungen, aufstrebenden Metalcore-Boyband aus Down Under an!

Mit den beiden Songs „Varsity Hearts“ und dem Titeltrack „Heroine“ wird das Album dann beendet. Ersterer ist ein Song, der perfekt auf den Soundtrack eines Coming-of-Age-Films passen würde, der ein Kultklassiker werden wird. Letzterer rundet das Album mit einem coolen Classic-Rock-Feeling ab, das sich durchgehend aufbaut, bis es vollständig und krachend ist, nur um dann harmonisch und langsam auszuklingen. So kann man eine solche LP enden lassen!

Fazit:

Zusammen mit der kohärenten Dynamik der gesamten Band, die ihre eigenen Charaktere verkörpert, ist „Heroine“ ein atemberaubendes Hör- und Seherlebnis (siehe bisher veröffentlichte Musikvideos). Damit knüpfen Thornhill an den erstaunlichen Erfolg von „The Dark Pool“ an und beweisen, dass ihre Vision und Kreativität weit über die engen Grenzen des Metalcore hinausreicht. Wie die Filme, die sie inspiriert haben, wird auch „Heroine“ als geschmackvolles, klassisches Kunstwerk in die Geschichte eingehen, das man sich jahrelang immer wieder anhören wird. Einen Hinweis möchte ich euch noch geben, nur weil ihr mir ans Herz gewachsen seid: bitte macht nicht denselben Fehler wie ich und gebt nach dem ersten Durchlauf (siehe Song „Casanova„) direkt auf, sondern lasst euch in den Bann des cineastischen Hollywood-Sounds verzaubern!

Rating:

Neu, anders und vor allen Dingen den Mut zur Lücke haben Thornhill mit „Heroine“ bewiesen und dafür erhalten die Jungs von mir nicht nur den neuwertigen „Sexiest Boyband-Alive in Metalcore„-Award, sondern auch 9 von möglichen 10 Punkten.

Info
31. Mai 2022 
23:03 Uhr
Band
Thornhill
Genre
Alternative-Metal Metalcore
Autor/en

 Seb

Fotocredit/s
Jon Pisani
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