AllgemeinReview

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Boundaries – „Death Is Little More“

Im ersten Gesang des Inferno sinniert der Dichter Dante Alighieri:Der Tod ist wenig mehr„.

Dieser Satz stammt zwar aus dem 14. Jahrhundert, hat aber auch heute noch seine Gültigkeit. In Dantes Worten ist der Druck der Welt so groß geworden, dass sich das Sterben kaum schlimmer anfühlt als das Leben. Boundaries sprechen dieses Gefühl mit ihrer neuen LP direkt und gnadenlos an. Das Quintett aus Connecticut, bestehend aus Matthew McDougal (Gesang), Cory Emond (Gitarre), Tim „Cheese“ Sullivan (Schlagzeug, Gesang), Nathan Calcagno (Bass, Gesang) und Cody DelVecchio (Gitarre), greift den Zwiespalt und den Streit einer scheinbar dem Untergang geweihten Generation auf und trifft damit einen Nerv. Und nicht nur das, sie treffen auch direkt ins Schwarze, wenn es um das Hörerlebnis auf ihrem neuen Album geht. Doch lasst euch in unserer Review noch mehr darüber erzählen und macht euch dann, am Release-Day, dem 29. März 2024, selbst ein Bild. 

Tracklist:

  1. Turning Hate into Rage
  2. Darkness Shared
  3. Like Petals from a Stem
  4. Easily Erased
  5. Cursed to Remember
  6. Death Is Little
  7. A Pale Light Lingers (Ft. Lochie Keogh)
  8. Face the Blade
  9. Scars on a Soul
  10. Blame’s Burden (Ft. Marcus Vik)
  11. Blood Soaked Salvation (Ft. Matt Honeycutt)
  12. Inhale the Grief

Boundaries lösen direkt im ersten Song der Platte den Knoten, der euch vielleicht noch im Schuh stecken geblieben ist, seit eurem letzten Festival in 2023. Im Ernst, man hat noch nie ein härteres „I fucking hate you“ gehört als auf „Turning Hate Into Rage„.  Es gibt eine Menge Dynamit, die im Explosionsradius verdampfen können, aber Boundaries‚ Gleichgültigkeit gegenüber Flexibilität oder Innovation lässt die Kilotonnen umso brennender erscheinen.

So auch im dritten Track „Like Petals From A Stem„. Hier sind die Drums am stärksten und am schnellsten, was in einem eineinhalb minütigen Powerplay hervorgehoben wird, das sich wirklich wie die Obergrenze der Härte von Boundaries anfühlt. Als höhlenartige Hardcore-Performance, die in einer dezimierenden perkussiven Darbietung verankert ist, ist es der mit Abstand härteste Song auf einem Album, das bereits weitgehend aus gleich explorierendem TNT besteht.

Angekündigt wurde die LP mit der Vorab-Veröffentlichung „Easily Erased„. Melodische Gitarren schneiden durch eine Wand aus Verzerrung, während ein wogender Groove wie ein Presslufthammer zuschlägt. Der Beatdown lässt gerade genug Raum für den prägnanten Refrain: „Will you break all of the promises that you made? It should be easy for you to break them„. Die Cleans von Drummer Tim waren bereits auf “Burying Brightness” zu hören, doch hier sind sie nun noch besser und intensiver eingesetzt. Beim ersten Mal hatte ich wahrhaftig Gänsehaut, als ich den Refrain gehört habe. 

Interessant sind auch die gesprochenen Worte auf dem Ende des Nachfolgesonsg „Cursed To Remember„. Es kommt einem vor, als versuchen Boundaries wirklich mit vielen Stilmitteln zu spielen, um die ganze LP noch erfolgreicher zu gestalten. Meines Erachtens ist dies den Jungs wirklich sehr gut gelungen. 

Etwas, das auch auf dem Titeltrack „Death Is Little More“ zum Ausdruck zu kommen scheint, und zwar nicht durch große Neuerfindungen. Boundaries gehen ihren vorgezeichneten Weg weiter, aber, wie es in den relativ einfachen Zweigen des Metal und Hardcore, die einen ernsthaften Sprung nach oben machen, Tradition zu sein scheint, machen sie eine Menge daraus. Das Gitarrensoli nach dem ersten Refrain ist einfach nur pure Liebe! Leute, so muss das klingen! Mit den Worten “I don´t belong here” geht es in den nächsten Breakdown, wow. Einfach nur gut!

A Pale Light Lingers“ stützt sich auf einen stampfenden Groove, der von einem halsbrecherischen Riff unterbrochen wird. Lochie Keogh von Alpha Wolf stapft mit einem gutturalen Growl in den Rahmen und fügt der Zerstörung eine weitere Dimension hinzu.

A Pale Light Lingers‘ ist die härteste und gruseligste Version von Boundaries„, verrät Matthew. „Es ist auf jeden Fall aggressiver. Es ist ein großes ‚Fuck you‘. Lochie war schon immer ein ausgesprochener Fan von dem, was wir machen, und er hat es gekillt.

Schneller, geschmeidiger und vor allem melodischer bewegt sich „Scars On A Soul“ an der Grenze zum modernen Metalcore, ohne dabei zu dünn oder überladen zu wirken. 

Es hat ein gesangliches Element und ist auch heavy„, fährt Matthew fort. „Es ist ein Gleichgewicht. Wir lehnten uns an unsere Heavy-Einflüsse an, zusätzlich zu diesen Circa Survive- und Silverstein-Momenten.“

Die Reise erreicht ihren emotionalen Höhepunkt mit „Blame’s Burden“ feat. Marcus Vik von Invent Animate. Cineastische Gitarren-Ouvertüren bauen die Spannung auf, um dann in einem kathartischen Schrei zu explodieren.

Man wünscht sich, es gäbe einen Weg, nicht mehr hier zu sein„, sagt Matthew. „Man möchte sich auf eine Weise entfernen, die das Leben anderer nicht beeinträchtigt. Man wünscht sich, man könnte gehen, ohne jemanden zu verletzen.

Dann gibt es noch „Blood Soaked Salvation“ feat. Matt Honeycutt von Kublai Khan TX, das die Jungs als „Wie passen A Day To Remembers Homesick und Converge zusammen?“ beschreiben. Meiner Meinung nach das Hardcore-Highlight des diesjährigen Jahres, diese beiden Sänger auf einem Stück hören zu dürfen. 

Cory erinnert sich: „Am letzten Tag im Studio beschlossen wir einfach, noch einen Song zu machen. ‘Blood Soaked Salvation‘ war ein anderer Vibe für uns. Wir sprachen Matt zufällig darauf an und er sagte: ‚Natürlich‘. Er hat es komplett übernommen.

Im abschließenden „Inhale The Grief“ lässt die Band ihre ganze Bandbreite aufblitzen und mündet in eine letzte, unbestreitbare Katharsis. „Wir haben viel Zeit damit verbracht, es zu verfeinern„, sagt Cory. „Es ist viel melodischer. Wir waren in der Lage, uns in ganz andere Gefilde zu begeben.

Fazit:

Das ist ein wirklich starkes Album. Es hat richtig Biss, die Dringlichkeit, mit der es gespielt wird, ist fesselnd, und wenn man Harm’s Way, Counterparts, Dying Wish usw. mag, dann gibt es hier verdammt viel zu genießen. Ich würde auch empfehlen, das Album mit guten Kopfhörern zu hören, denn die Produktion ist hervorragend. Es gibt wirklich eingängige Songs, Momente, Riffs und Texte. Es ist verdammt heavy, aber es ist auch so zugänglich, dass man es sowohl als Headbanger benutzen kann, als auch um den Gaumen zu reinigen, wenn ihr versteht was ich meine. Ein Pluspunkt neben der musikalischen Entwicklung von Boundaries ist für mich der lyrische Aspekt, nicht dass alles bisher Gehörte nicht gut gewesen wäre, nur die Kombination mit den einleitenden Worten des Dichters Dante macht das Ganze noch runder und interessanter, auch mal einen Blick hinter die Kulissen zu wagen.

Rating:

Boundaries erhalten von mir für „Death Is Little More“ eine stabile 9 von 10 Punkten und sind für mich derzeit Anwärter auf den AOTY 2024 im Bereich Metal-/Hardcore. 

Info
26. März 2024 
7:13 Uhr
Band
Boundaries
Genre
Hardcore Metalcore
Autor/en

 Seb

Fotocredit/s
Sarah Holick
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