Review

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Sons – „Sweet Boy“

Die Verstärker auf 11, die Phaser auf Betäubung eingestellt und los geht’s! Sons sind mit ihrem zweiten Album „Sweet Boy“ zurück – ein furioses und wahnsinnig eingängiges Stück Rock ’n‘ Roll voller pulsierender Gitarrenriffs, einem Schlagzeug, das ordentlich auf die Pauke haut, und Sänger Robin Borghgraef, der seine Texte ins Mikro spuckt, als wolle er einen üblen Gestank in seinem Mund loswerden.

Es ist klar, dass die letzten Jahre bei den Herren aus Melsele (Nähe von Antwerpen) ihre Spuren hinterlassen haben. Mit „Sweet Boy“ hat die Band – nach eigenen Worten – eine Coming-of-Age-Platte gemacht. Und das ist kein Wunder: die Jahre waren eine Gratwanderung für eine Band, die sich kopfüber in das Rock’n’Roll-Chaos gestürzt hat und nun das Älterwerden und die Sesshaftigkeit mit ihren wilden Hoffnungen und Träumen vom lumpigen Rockstar-Leben in Einklang bringen muss. „Sweet Boy“ ist ein Album, das auf dem Fundament ihres Debüts aufbaut und mindestens vier weitere Stockwerke hinzufügt. Ihr solider Garagen-Punk ist fest in der amerikanischen Westküsten-Tradition verankert – Gas geben, in die Zukunft blicken und mit Anklängen an zeitgenössischen Post-Punk, 90er-Jahre-Gitarren und einem Hauch von Psychedelik bestückt. Aber vor allem: Überzeugung.

Tracklist:

  1. Succeed
  2. Nothing
  3. Sweet Boy
  4. Hot Friday
  5. L.O.V.E.
  6. Momentary Bliss
  7. Another Round
  8. Shadow Self
  9. I Don’t Want To
  10. Bike
  11. Pixelated Air

Auf sie mit Gebrüll!

Den Opener macht „Succeed„, ein Track in dem Sons bereits zeigen welch großer Erfolg in ihnen steckt und was die noch recht junge Band aus Belgien ausmacht. Am liebsten möchte man sofort zu der Melodie des Songs mit dem Kopf nicken und Finger schnippen. Doch so richtig nimmt der Opener noch nicht an Fahrt auf, was zu Beginn noch nicht wirklich schlimm erscheint.

Rock´n Roll meets Hardchore-Chöre

Darauf folgt die erste Sinlge-Auskopplung und auch eines der Highlights auf dem Album. Auf „Nothing“ möchten Sons, so wie in ihrem dazugehörigen Musikvideo, zum Feiern und vor allen Dingen ausrasten einladen. Rauchender psychedelischer Punkrock, mit dreckiger, an Jimi Hendrix erinnernder Arno De Ruyte-Gitarrengewalt und geballten Hardcore-Chören. Und gerade die klingen im Kontext wirklich etwas verrückt, doch passen hier rein wie nichts anderes.

„Hast Du mal Feuer?“

Der hochentzündliche Titeltrack „Sweet Boy“ bläst einen mit einem Emoscream aus Robin Borghgraef Mundwerk und Industrial-TNT-Noiserock weg. Es herrscht Hysterie, manische Unsicherheiten erreichen den Reaktionspunkt des Feuerdreiecks. Bis Sons uns dann in einem kleinen Finale, und das in Song Nummer 3, völlig weghämmern. Im sich einbrennenden Refrain dringt nicht nur die Stimme des Sängers ins Gehirn ein, sondern auch das mächtig klingende Gitarenriff.

Weiter im Text geht es dann mit dem Track „Hot Friday„. Dieser Song wird durch das Drumming von Schlagzeuger Thomas Pultyn erst zu dem Stück, welches sich Sons hier wohl gewünscht haben. Was das auch zeigt ist, dass alle Bandmitglieder auf dem zweiten Album ein wenig mehr von sich zeigen durften.

Das Tempo wird nicht mehr gedrosselt, auf „L.O.V.E.“ nimmt sich Bassist Jens De Ruyte seine Post-Punk-Momente, indem er uns mit einer permanenten Abreibung fast zum Verzweifeln bringt. Doch am Ende wird alles gut, wie so immer.

Das Echo der alten Schule wandert auch auf dem fest trommelnden „Momentary Bliss“ herum. Hierbei handelt es sich um eine melancholische Raffinesse, die perfekt zu der emotionalen Entladung von Sänger Robin Borghgraef passt. Was uns auch auffällt: im Mittelteil zeigen Sons ganz und gar ihre großen Emotionen, indem sie ein wenig in Richtung des Black Metal abdriften. Ach ja, hier ist nicht überall Rock´n Roll wo Rock´n Roll draufsteht.

Lasst uns eine Runde surfen

Ganz wie man es so häufig von dem heutigen Rock´n Roll gewöhnt ist dürfen wir auf „Another Round“ mit Sons auf ihrer Erfolgswelle schwimmen. Surfen auf einer Walking-Bass-Gitarre und wieder so ein eingängiger Refrain. Was wollen wir denn mehr?!

Shadow Self“ beweist, dass man nicht viele Noten braucht, um einen grundsoliden Song zu schreiben. Die Dynamik des Songs ist fantastisch und die Belgier schaffen es immer wieder uns mit kleinen Einlagen zu verzaubern.

I Don’t Want To“ fühlt sich fast so an, als hätten wir diesen Song schon einmal gehört. Natürlich nicht direkt von Sons, aber es ist eines der Garagenlieder, die wir in vergangenen Tagen durchaus von vielen bekannten anderen Bands bereits gehört haben. Doch ist euch mal aufgefallen, wie gut Sons eingängige und mitsingbare Refrains können? Der Titel des Tracks schwirrt noch einige Minuten nach dem ersten Hören in eurem Kopf herum.

„Bass, Bass, wir brauchen Bass“

Zu Beginn des vorletzten Tracks auf „Sweet Boy“ zeigen uns Sons nochmal, worauf es ankommt: ein Intro mit der Bass-Gitarre. Auf „Bike“ geht es nicht nur um ein Rad/Motorrad, sondern auch um das Reisen auf einem solchen Gefährt. Interessanter Fun-Fact: zuletzt besangen die großen Queen einen Track um ein „Bike“. Ob das so gewollt war von den Belgiern? Vielleicht, wer weiß das schon.

Auf dem Schlusswort der LP beginnt die Band mit einer Menge an Chaos und Lärm, bevor es dann wieder zurück in den ordentlichen Gitarren-Swing geht. Gegen Ende von „Pixelated Air“ wollen Sons nochmal alles von der Seele loswerden, was dort schon sehr lange gebrannt hat. Mit einem großen Knall wird das Album damit auf furiose Art und Weise geschlossen!

Fazit:

Sons können mit ihrem Zweitwerk mit Sicherheit nicht behaupten, dass man sich voll und ganz von ihrem Erstling verabschiedet hat oder sich gar was völlig neues auf ihre Fahnen geschrieben haben. Was die Jungs aber wohl ganz deutlich sagen: wir wollen live spielen und bringen diese Energie auch auf unsere Platte! Denn durch die Pandemie konnten weder die Belgier noch andere Bands auf Tour gehen. Und genau da haben Sons angesetzt, um die Energie auch trotz der geplatzten Live-Termine in unsere Wohnzimmer zu bringen. Energie pur, von der wir teilweise sogar etwas überrollt werden.

Rating:

Für ein verdammt geiles Stück Rock´n Roll gepaart mit einigen Ausflügen in ungeahnte Sphären bekommen Sons für ihr Album „Sweet Boy“ von uns nicht die goldene Ananas überreicht, aber mindestens 8 von 10 Punkten! Unser Tipp: gebt euch die Jungs demnächst unbedingt mal live.

Info
9. Juli 2022 
22:19 Uhr
Band
Sons
Genre
Punk Rock n Roll
Autor/en

 Seb

Fotocredit/s
Thomas "Richard" Mertens
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